Backen im Backhaus

Stutenkerle für die Adventsfeier

RN-Foto Niermann

Bäcker plaudert aus dem Nähkästchen
Ruhr Nachrichten vom 05.12.16

Sie gehören in die Adventszeit wie Spekulatius, Kerzen und Tannenduft: die Stutenkerle. In früheren Jahren lagen sie am Nikolausmorgen auf dem bunten Teller, mit einer Tonpfeife in der Hand - die Kinderaugen leuchteten.

 

Die Tradition hat sich bewahrt. Inzwischen haben kreative Bäcker viele Abwandlungen des traditionellen Stutenkerles erdacht. Beim Heimatverein Olfen, der sich die Bewahrung von Traditionen auf die Fahnen geschrieben hat, entstehen seit Jahren in der Adventszeit die traditionellen Stutenkerle im vereinseigenen Backhaus im Olfener Vitus-Park.

 

Die Mitglieder finden das Gebäck am Abend des Backtages bei ihrer Adventsfeier auf ihren Plätzen. Und dafür, dass diese Stutenkerle fachlich perfekt gebacken werden, sorgt seit fünf Jahren Bäckermeister Walter Böddeker.


Im Holzbackofen
Damit das Backen gelingt, muss der Bäcker, dafür sorgen, dass der Holzbackofen am Tag des Backens genügend Hitze entwickeln kann. Daher geht er an den drei Tagen vorher, manchmal mehrmals täglich, ins Heimathaus, um das Feuer im Ofen anzufachen. Am Tag der Adventsfeier muss er dann richtig früh aufstehen. Morgens um sechs Uhr wird der Backofen angefeuert.


Die richtige Rezeptur
Ab acht Uhr geht es dann richtig los: Der süße Hefeteig muss angesetzt werden. Walter Böddeker gibt einen Teil des Mehles, die Hefe und Zucker in den Teigkneter, damit sich die Hefe entwickeln kann. Später kommen Butter, weiterer Zucker, Mehl und als Flüssigkeit Milch und Sahne hinzu. Zusätzlich gibt der Bäckermeister Salz und als Aromen Vanille und Zitrone an den Teig. „Anstelle von Milch und Sahne kann auch Wasser als Flüssigkeit genommen werden. Das kann jeder danach entscheiden, wie es ihm am besten schmeckt“, sagt Walter Böddeker.

 

Und dann wird der Teigkneter eingeschaltet. Immer wieder prüft der Bäckermeister den Teig, er drückt ihn leicht, ist zufrieden. Später nimmt er mehrmals eine kleine Teigmenge, formt sie, zieht sie. Solange sie reißt, ist der Teig nicht fertig. „Erst wenn der Teig nicht mehr reißt, hat sich der Kleber genügend ausgebreitet und der Teig kann weiter verarbeitet werden“, sagt der Fachmann.

 

Stutenkerle formen
Als Walter Böddeker mit der Konsistenz zufrieden ist, legt er den Teig auf die Arbeitsfläche, um ihn ruhen zu lassen. Dann geht's in mehreren Arbeitsschritten an das Formen der Stutenkerle: Zunächst entstehen lange Stränge, die Walter Böddeker später in gleich große Stücke teilt. „Diese Genauigkeit habe ich in meinem Berufsleben als selbstständiger Bäcker ebengelernt“, sagt er.

 

Diese Stücke rollt er dann zu einem länglichen Teigling. Hierbei ist zu sehen; wie die Hefe arbeitet. Die Teiglinge gehen auf. Aber noch einmal nimmt Walter Böddeker sie zur Hand, rollt sie schlanker und teilt mit der Handkante den Kopf vom späteren Körper. Dieser Schritt ist für den Laien schwer zu beobachten, denn der Profi arbeitet schnell und beidhändig.


Stutenkerl nimmt Form an
In den späteren Kopf werden Rosinen als Augen gedrückt. „Die müssen ganz tief in den Teig gedrückt werden, ansonsten fallen sie später heraus“, rät der Bäcker. Danach drückt er den Körper des späteren Stutenkerles flach, schneidet diesen Körper unten mit einem Messerein und schon sind Beine entstanden.

 

Anschließend trennt er mit dem Messer am Oberkörper des Stutenkerls die Arme vom Körper und schiebt sie ein wenig zur Seite. Und fertig ist der Stutenkerl.


97 Exemplare

Die Bleche schiebt er in den Holzbackofen, nach zehn bis 15 Minuten pro Blech liegen zum Schluss genau 97 Stutenkerle im Backhaus des Heimathauses fertig da.

 

Das sah eigentlich ganz einfach aus. Ob es dem Laien auch so schnell von der Hand gehen würde? Das ist fraglich, denn Walter Böddeker hat fünfzig Berufsjahre hinter sich. Inzwischen ist das Backen für ihn ein Hobby. „Ich mache das sehr gerne. Ich sehe, wie etwas entsteht.“ Das heißt aber nicht, dass der Laie es nicht auch versuchen kann.

 

Maria Níermann 

 

RN-Fotos: Maria Niermann


Das Rezept des Meisters

RN-Foto Maria Niermann

1 kg Mehl

15 g Salz

200 Gramm Butter

150 Gramm Zucker

3 Eier

400 ml Flüssigkeit (Wasser, Milch, Sahne)

60 bis 70 Gramm Hefe

Aromen, z.B. Vanille, Zitrone

Der Meister rät, die Stutenkerle bei 210 Grad zu backen, etwa 10 bis 15 Minuten.

 


Woher kommt der Stutenkerl eigentlich?

 

Die Gebäckfigur stellte ursprünglich einen Bischof mit einem tönernen Bischofsstab dar. Die Ähnlichkeit mit der heutigen Tonpfeife, die vor allem den norddeutschen Varianten und den rheinischen Weckmännern zu St. Martin beigegeben wird, ist unverkennbar, wenn man sie mit dem Pfeifenkopf nach oben dreht.

 

Die Verwendung der Tonpfeifen stammt vermutlich aus der Hochzeit der Pfeifenbäckereien in Europa im 17. und 18. Jahrhundert und könnte von der Reformation beeinflusst sein, um katholische Sinnbilder zu verweltlichen. Verbreitet hatte der Stutenkerl eine Hand an der Pfeife, die auch als „Männlichkeitssymbol“ gilt.

 

Inzwischen werden beide Arme regelmäßig abgespreizt, so dass der charakteristische Griff mit angewinkeltem Arm meist nicht mehr zu sehen ist. Worauf der Verzicht auf die Geste zurückzuführen ist, ist bislang nichtgeklärt.

 

Quelle: Wikipedia