Palmstöcke aus Olfener Kopfweiden

Heimatverein pflegt altes Handwerk

Maria Niermann
Ruhr Nachrichten vom 14.03.16

RN-Foto: Maria Niermann
Die Holzlocken werden mit dem Schinder geschabt

,,...und das Volk begrüßte ihn mit Palmzweigen...“,

so heißt es in der Bibel über den Einzug Jesu in Jerusalem.

 

Mit dem Palmsonntag, dem Sonntag vor Ostern, erinnern Christen weltweit an dieses Ereignis. Palmzweige werden gesegnet und anschließend in einer Prozession getragen.

 

In Westfalen stehen allerdings keine Palmen zur Verfügung, diese benötigen ein tropisches Klima. So tragen Christen im Norden Deutschlands Weiden, Holunder oder Buchsbaum am Palmsonntag zur Kirche.

 

In Olfen werden traditionell die Zweige der Kopfweide als Palmstock genutzt. „Dekoriert wurde dieser Weidenstock dann mit einem Lagerapfel aus dem Keller. Der sah am Palmsonntag nicht mehr ganz glatt aus“, erinnert sich Heimatvereinsvorsitzender Ludger Besse. Nachdem niemand mehr diese Stöcke von Hand fertigte, wurden industriell hergestellte Stöcke im Fachhandel angeboten.

 

Josef Schröer und Josef Pellmann, Mitglieder des Olfener Heimatvereins, hatten 2007 das Bestreben, das alte Handwerk wieder aufleben zu lassen. Es sollten Palmstöcke aus Olfener Kopfweiden in die Kirche getragen werden. „Schließlich hat sich der Heimatverein das Bewahren von Traditionen auf die Fahnen geschrieben“, sagt Ludger Besse.

 

Der Heimatverein traf mit der Kommunionvorbereitungsgruppe die Vereinbarung für die jeweiligen Kommunionkinder eines Jahres Palmstöcke zu fertigen.

RN-Foto: Maria Niermann
Theo Lippelt schneidet die Palmstöcke

In die Fußstapfen von Josef Schröer und Josef Pellmann sind Theo Lippelt, Norbert Hagelschuer und Theo Sander getreten. Zwei Wochen vor dem Palmsonntag sind die drei Handwerker im Backhaus des Heimatvereins anzutreffen. Dort haben sie die Zweige von Kopfweiden gelagert, die sie zuvor in den Steverauen geschnitten haben. „Die Zweige sollten ziemlich gerade gewachsen sein und sind etwa daumendick“, sagt Theo Lippelt.

 

„Wir machen allerdings Palmstöcke unterschiedlicher Länge. Sie sind zwischen 50 und 80 Zentimeter lang.“ Denn: Es sind zwar in erster Linie die Kommunionkinder eines Jahres, die diese Palmstöcke schmücken und am Palmsonntag tragen.

 

Seit einigen Jahren kommen aber auch Kinder des Vitus-Kindergartens mit ihren Erzieherinnen zum Heimatverein, um die vorbereiteten Stöcke zu schmücken.

 

Mit einem Messer schält Theo Lippelt zunächst die Zweige. „Der Bast muss entfernt werden bis der Zweig ganz weiß ist“, erklärt Theo Lippelt. Dann übergibt er die Zweige an Norbert Hagelschuer und Theo Sander. Diese spannen die Zweige in den Schraubstock und schaben kleine Späne ab, die sich zu sogenannten Holzlocken aufrollen.

 

Gearbeitet wird mit einem sogenannten Schinder beziehungsweise Schweifhobel. „Das Gerät habe ich bestimmt 40 Jahre lang nicht mehr gesehen“, sagt Theo Sander, ausgebildeter Möbelschreiner. „Damals wurde der Schinder beispielsweise benutzt, um den Handlauf für ein Treppengeländer zu bearbeiten.“

 

Bei der Herstellung von Palmstöcken bezeichnet sich Theo Sander als Auszubildender. Sein Lehrmeister Theo Lippelt ist jedoch zuversichtlich. Dem Heimatverein ist es wichtig, das Wissen um dieses Handwerk zu erhalten.

 

RN-Foto: Maria Niermann
Theo Sander, Theo Lippelt und Norbert Hagelschur

Mehr als 100 Stöcke haben Theo Lippelt, Norbert Hagelschuer und Theo Sander schließlich fertiggestellt. Schmücken müssen die Stöcke die Kinder. Die Kommunionkinder kommen mit ihren Betreuern, die Kindergartenkinder mit den Erzieherinnen. Dann werden die Weidenstöcke dekoriert mit Buchsbaum, mit Äpfeln und Schleifen. Am Palmsonntag tragen die Kinder die Palmstöcke, in Erinnerung an den Einzug Jesu in Jerusalem, in einer Prozession, in die Vitus-Kirche.

Maria Niermann

 

Anmerkungen
Hecken und Kopfweiden dürfen bis Ende Februar ‚auf den Stock gesetzt‘ werden.
Da dann die Brutzeit der Vögel beginnt ist ein Schnitt ab März verboten.
Der Schinder heißt auch Schweifhobel oder Schabhobel.