Redewendungen

aus der Zeit unserer Väter

Hier stellen wir Sprüche und Redewendungen aus alten Zeiten vor und erklären ihren Ursprung.
Zusammengetragen von
Peter Dördelmann

De het wat an de Bein (Der hat was an den Beinen)

Bauern mit Lehmboden waren im allgemeinen reich. Hier wuchs z.B. Weizen.

Auf Sandboden dagegen wuchsen nur Kartoffeln und einfaches Korn.

Wenn ein Bauer lehmigen Boden an den 'Beinen' hatte wurde er gleich als Reicher erkannt.
Kam er vom Sandboden waren seine 'Beine' sauber.
Der hat was an den Beinen bedeutet: er ist reich.

 


Einen Zahn zulegen

Als noch am offenen Herdfeuer gekocht wurde hing der Kochtopf an einer Zahnstange.

Wenn die Zubereitung zu lange dauerte wurde ein Zahn zulegt, d.h. der Topf näher an das Feuer gebracht.

Einen Zahn zulegen bedeutet also 'die Geschwindigkeit steigern'.


Auf die hohe Kante legen

Wohlhabende Menschen versteckten ihr Erspartes am Kopfende ihres Bettes - die hohe Kante. Gelegentlich befand sich ein Geheimfach zu diesem Zweck im Schlafzimmer.

Auf die hohe Kante legen bedeutet auch heute noch 'etwas sparen'.


Den Löffel abgeben

Als unsere Vorfahren noch aus einem großen Topf auf der Tischmitte aßen besaß jeder seinen höchsteigenen Löffel - teilweise selbst geschnitzt.

Er hat den Löffel abgegeben heißt: er ist gestorben.


Auf dem Kerbholz haben

Das Kerbholz ist ein frühzeitliches Dokument und diente einst als fälschungssicherer Schuldnachweis.

Ein längliches Brettchen wird mit Kerben markiert und anschließend längs gespalten. Schuldner und Gläubiger erhielten je eine Hälfte.

Er hat etwas auf dem Kerbholz bedeutete also: er hat noch Schulden.


Er ist ein Schlitzohr

Ein wertvoller Ring am Ohr der Gesellen war für schlechte Zeiten - spätestens für die eigene Beerdigung - gedacht.

Wer aber Schulden machte und diese nicht bezahlte, dem wurde der Ring aus dem Ohr gerissen.

Ein Schlitzohr ist einer, bei dem Misstrauen angesagt ist.


Einen Zacken aus der Krone brechen

Die Würde der Könige wurde durch die Anzahl der Zacken in der Krone dargestellt.

Einen Zacken herausbrechen bedeutet: Würde verlieren.


Etwas auf dem Kasten haben

Der Schulranzen war ein Holzkasten. Das kleine Fach unten war für Kreide und Schwamm bestimmt. Das große Fach darüber war für die Stullen, denn die Kinder hatten einen weiten Weg. Die Rückseite des Holzkastens war die Tafel, auf der die Schularbeiten gemacht wurden.

Er hatte was auf dem Kasten bedeutet: er hat viel gelernt.


Holzauge sei wachsam!

Verteidigungsmauern hatten Wehrgänge. Holzumkleidete, kreisrunde Löcher in der Mauer wurden Holzaugen genannt und erlaubten den wachhabenden Soldaten einen prüfenden Blick nach draußen, ohne selbst von dort gesehen oder getroffen zu werden.

Holzauge sei wachsam bedeutet also: Aufpassen!


Türmen gehen

Konnten die Menschen einem Angriff nicht standhalten war der Turm die letzte Zuflucht.

Türmen gehen bedeutet: dem Angreifer das Feld räumen.


Zur Weißglut bringen

Beim Schmieden strahlt das Eisen bei der höchsten Temperatur weiß.
Zur Weißglut bringen bedeutet, dass jemand aufs äußerste gereitzt wird.


Ins Fettnäppchen treten

Früher stellte die Hausfrau Näpfe auf dem Küchenboden, um das von zum Räuchern und Trocknen an der Decke aufgehängten Würsten und Schinken herabtropfende Fett aufzufangen.
Wenn ein Unaufmerksamer versehentlich hineintrat verärgerte er die Hausfrau.
Ins Fettnäpfchen tritt, wer sich ungeschickt verhält.


Du hast nicht alle Tassen im Schrank

Zu der Gründung eines Hausstandes gehörte u.A. auch ein komplettes Porzellanservice. Wenn im Laufe des Gebrauchs z.B. eine Tasse beschädigt war, wurde sie (wenn es nicht auffiel) nach hinten in den Schrank gestellt. Wenn sie jedoch ganz zerbrochen war fehlte sie natürlich.

Du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank bedeutet: Du bist nicht mehr ganz komplett. Dir fehlt etwas.